Im Rahmen meines Praktikums muss ich
ein Grundschuldidaktik-Seminar mit dem Titel „Analyse und Planung“
besuchen. Zu Beginn des Semesters konnte ich mir unter diesem Seminar
nichts vorstellen und sah auch keinen Sinn darin. Schließlich
gibt es ja bereits ein Begleitseminar zum Praktikum in dem Fach, das
man gewählt hat. Wozu also noch eins?
In der ersten Sitzung gestand unser
Dozent den Seminarteilnehmern: „Ich weiß nicht, warum Sie
dieses Seminar besuchen müssen. Auch mit dem Titel „Analyse
und Planung“ kann ich ehrlich gesagt nicht viel anfangen. Ich habe
mich gefragt, welchen Sinn dieses Seminar für Sie haben soll.
Aber letzten Endes ist es doch so: Sie müssen das
Seminar besuchen und ich muss es unterrichten. Also habe ich
versucht, der Veranstaltung einen Sinn zu geben.“ Und das hat er
getan. Anstatt Woche für Woche irgendwelche Theorien zu wälzen, kommt nun regelmäßig eine Seminarrektorin zu uns. Zum ersten
Mal während meines Studiums spricht jemand wirklich mit uns über
das, was im Referendariat auf uns zukommt. Und das Erstaunliche daran: Nicht nur wir können
von ihr lernen, auch sie möchte von uns lernen.
„Wie geht es Ihnen denn eigentlich an
der Uni?“ fragt sie uns heute.
Verwirrtes Schweigen. Das hat uns noch
nie jemand gefragt. Ist das eine Fangfrage?
„Ich habe meine eigene Studienzeit
als relativ entspannte Zeit des Ausprobierens erlebt,“ erläutert
sie, „ich wüsste gerne, was sich verändert hat seitdem.
Ich möchte wissen, was Sie von dem ersten Ausbildungsabschnitt
halten, ob Sie sich wohl fühlen, kurzum: wie Sie also drauf
sind, wenn Sie dann nach Ihrer Zeit an der Uni bei uns ankommen.“
Die erste zaghafte Meldung: „Ich
fühle mich ziemlich überfordert und unter Druck. Ständig
muss ich Leistungsnachweise erbringen, Klausuren schreiben, Referate
halten, Portfolios abgeben. Und am Ende steht immer der Druck, die
nötigen Punkte zu erhalten und eine gute Note zu bekommen, denn
die entscheidet ja irgendwann einmal über unsere Anstellung.“
Weitere Finger gehen nach oben.
„Mein Unterrichtsfach nimmt viel zu
viel Zeit in Anspruch. Und ich verstehe den Sinn nicht. Das, was ich
da lerne, werde ich in der Grundschule nie brauchen.“
„Mir fehlt die Zeit für die
Dinge, die mich wirklich interessieren und die ich gerne machen
würde. Weil man so viel machen MUSS, bleibt keine Zeit mehr für
das, was man machen WILL.“
„Ich habe jeden Tag von acht bis um vier Uni. Manchmal auch bis um sechs. Wenn ich dann nach Hause komme, bin ich vollkommen fertig.“
Es ist, als wäre ein Damm
gebrochen. Plötzlich hat jeder etwas zu sagen. Mir kommt es fast
so vor, als hätten wir alle nur darauf gewartet, das endlich mal
jemand fragt, wie es uns geht.
„Neben Uni und Praktikum noch Zeit
zum Arbeiten zu finden, ist kaum möglich. Ich muss aber
arbeiten, irgendwie muss ich mich ja auch finanzieren.“
„Ich habe das Gefühl, wir lernen
viel zu viele unwichtige Sachen. Ich hätte gern mehr
Didaktikfächer, dafür aber weniger Unterrichtsfach. Deutsch
beispielsweise – so ein elementares Fach in der Grundschule! -
kommt viel zu kurz in unserem Studium.“
„In meinem Hauptfach fallen in den
Klausuren regelmäßig 60% der Studenten durch. Und die, die
bestehen, haben entsprechend schlechte Noten. Und diese Noten
verschlechtern dann meinen Notenschnitt. Dabei sagen sie doch
überhaupt nichts darüber aus, ob ich eine gute Lehrerin
sein werde oder nicht.“
„Mir fehlt Zeit zum Ausspannen. Da
wir in den vergangenen Semesterferien Praktikum hatten und in den
Schulferien Uni haben, haben wir nie Ferien, in denen wir mal wieder
Kraft tanken könnten.“
„Wir müssen viel zu viel in zu
kurzer Zeit machen.“
„Viele Vorlesungen sind so
theoretisch, dass sie mir vollkommen überflüssig
erscheinen. Diese Zeit könnte man mit praxisnahen Übungen
viel sinnvoller nutzen.“
„Ich habe nie das Gefühl,
einfach mal mit etwas fertig zu sein. Habe ich eine Aufgabe erledigt,
warten schon wieder zwei weitere.“
Und so geht es immer weiter. Zu wenig
Zeit, zu schnelles Voranschreiten, überfüllte Stundenpläne,
Druck, Noten, Probleme mit dem Unterrichtsfach, die Frage nach dem
Sinn,... Wenn einer etwas sagt, nicken die anderen zustimmend.
Irgendwie sind wir uns alle einig: Es ist einfach insgesamt zu viel.
Gut, dass wir darüber gesprochen
haben. Nur ändern können wir leider nichts.