Morgen kommt mein Sohn Julian in die
erste Klasse. Der erste Schultag. Ab morgen wird er ein Schulkind
sein. Spannende Sache. Neuer Lebensabschnitt. Ein großer Tag.
Beim Gute-Nacht-Sagen frage ich ihn:
„Bist du aufgeregt?“ Er zuckt mit den Schultern: „Wegen morgen?
Nicht besonders.“ Und zehn Minuten später ist er
eingeschlafen. Das kann doch nicht wahr sein! Vor Weihnachten wälzt
er sich vor Aufregung immer stundenlang wach im Bett! Vor seinem
Geburtstag ist es fast noch schlimmer. Der erste Schultag aber
scheint ihn kalt zu lassen.
Dafür bin ich umso aufgeregter.
Zum x-ten Mal gehe ich die Liste der Schule durch und ja, ich
habe alles besorgt. Ich habe Hausschuhe, ein Turnsäckchen, die
Badekappe und die Schuhschachtel mit den Mal- und Bastelsachen. Und
ja, ich habe alle Einzelteile vorschriftsmäßig
beschriftet. Der Schulranzen ist schon seit Wochen für den
ersten Tag gepackt. Die Schultüte auch schon seit ein paar
Tagen. Ich sehe sie noch einmal an. Schön sieht sie aus. Daneben
eine kleine Mini-Schultüte für Leo, damit er auch was vom
großen Tag seines Bruders hat.
Ich habe Julian vor dem Zu-Bett-Gehen
frisch gebadet und letzte Woche war er beim Frisör. Eine lässige Große-Jungs-Frisur hat er jetzt, cool sieht er damit aus und irgendwie älter, wie ein Schulkind
eben. Seine Kleidung für den ersten Schultag habe ich ihm
rausgelegt: Das T-Shirt mit der Aufschrift „Hurra, ich starte in
die Schule!“, das er im Kindergarten gemalt hat, und dazu die Hose
ohne Loch (die einzige).
Ich denke an meinen eigenen ersten
Schultag zurück. Ich glaube, selbst damals war ich nicht so
aufgeregt wie jetzt, wo ich meinen eigenen Sohn in die Schule
schicke. Aber warum eigentlich? Was macht mir Sorgen? Wovor habe ich
Angst? Ich weiß, dass Julian ein kluges Kerlchen ist. Ich bin
mir sicher, dass er mit den Inhalten der Schule gut zurecht kommen
wird. Ich habe auch keine Bedenken, was seine sozialen Kompetenzen
angeht. Bestimmt wird er schnell viele neue Freunde haben und sich
gut in die Gemeinschaft einfinden. Meine Bedenken und Ängste
konzentrieren sich auf eine Person: Die Lehrerin. Was, wenn Julian
mit ihr nicht zurecht kommt? Wenn ihre Art zu unterrichten ihm nicht
liegt oder ihre Person an sich? Was, wenn sie ihm die Freude auf die
Schule und die Lust am Lernen verleidet? Wie wird sie mit möglichen
Problemen umgehen? Mit dieser Person steht und fällt die
Motivation und der Lernerfolg meines Kindes.
Und dann denke ich daran, dass in ein
paar Jahren die Eltern meiner künftigen Schüler genau so
über mich bangen werden. Und ich möchte alles dafür
tun, dass sie dann, ein paar Wochen später, erleichtert ausatmen
können und sich denken: „Puh, Glück gehabt: Unser Kind
hat eine gute Lehrerin erwischt!“